Kapitel 5 - Das Heerlager Wie üblich ging Teutebrand am nächsten Morgen gleich nach dem Aufstehen hoch zum Haus, um mit dem Müller und seiner Familie zu frühstücken. Schon beim Eintreten spürte er, dass in der Stube eine seltsame Stimmung herrschte. Unvermeidlich erinnerte ihn dies an das Verhalten der beiden Schwestern gestern auf dem Markt in Fentovia. Er wurde zunehmend unsicherer, fragte sich mit einem unguten Gefühl, ob mit ihm oder vielleicht an ihm irgendetwas nicht stimmte. Diese Blicke mit denen ihn alle so seltsam musterten, solchermaßen erschien es dem Jungen zumindest. Sogleich stand Friedenreich von seinem Platz auf und nahm etwas von der Bank herunter, auf der die Töchtern saßen. Mit einem Gegenstand aus Fell in der Hand kam der Hausherr auf Teutebrand zu. Schnell erkannte der Junge, dass es sich hierbei um eine Mütze handelte, welche aus der Haut eines Dachses gefertigt worden war. 'Diese würde jetzt ihm gehören', meinte der Müller und überreichte die Kappe seinem Lehrling. Die Kopfbedeckung war aus dem Pelz desselben Dachses gemacht, den sie vor wenigen Wochen in die Gerberei gebracht hatten. Der Junge erkannte dies sofort an den auffälligen weißen Streifen, welche bei diesem Fell von der Nase bis zum Hinterteil verliefen. Der Müller hatte damals den Gerber beauftragt, eine Mütze für seinen Lehrling daraus zu machen. Gestern hatten die Schwestern die fertige Kappe abgeholt und dies wollten sie ihm natürlich nicht sofort verraten. Zuerst zierte sich Teutebrand ein wenig die Dachsmütze aufzusetzen. Bald jedoch trug er die neue Kopfbedeckung ständig. Sogar den Schwanz des Tieres hatte der Kürschner mitverarbeitet. Das buschige Teil hing von der Kappe hinten runter, manchmal auch ganz lässig vorne über seine Schulter. Die Mütze war praktisch für die Arbeit am Wehr, vor allem wenn es regnete. Am überraschendsten verhielt sich allerdings die Elster. Oft folgte sie dem Jungen nun, egal wohin dieser auch ging. Manchmal wurde der Junge den Vogel fast gar nicht mehr los. Dies mag wohl mit an der schwarz-weißen Fellzeichnung gelegen haben, welche so sehr dem Federkleid der Elster glich. Die nächsten Tage traf Teutebrand die beiden Schwestern kaum. Mussten die Mädchen nicht der Mutter auf dem Hof helfen, saßen sie meist im Haus. Dort waren sie eifrig damit beschäftigt, die neuen Kleider zu schneidern. Kunrada war stets dabei und zeigte ihnen, wie sie dies machen sollten. Wenn der Junge gelegentlich am Haus vorbei kam, schlich er sich öfters zum Fenster. Von hier konnte er die Mädchen beobachten, wie sie am Tisch gemeinsam mit der Mutter eifrig an ihren Kleidern arbeiteten. Manchmal fand er jedoch einen Grund, um an der Tür zu klopfen. Meist wurde er allerdings von Kunrada kurz angebunden abgewimmelt. 'Die Mädchen wären beschäftigt, hätten etwas zu tun.' Das Wetter war in den folgenden Tagen gleichfalls nicht so besonders. Zwar war es inzwischen ziemlich warm geworden, aber kaum ein Tag verging, an welchem es nicht regnete. Trotzdem blieben Teutebrand immer noch seine Ausflüge in die Umgebung. Ebenso fand er nun natürlich Zeit dafür, um das Zaubern zu üben, wodurch er hier große Fortschritte machte. Bei seinen Spaziergängen über die Wiesen und durch die Wälder begegnete er selten Menschen. Für die Bewohner der Höfe im Seitental war er dennoch bald ein vertrauter, wenn auch ein etwas gewöhnungsbedürftiger Anblick. Der Junge von der Mühle mit seinem hellen Pullover voll von Hirschen und Hasen, der gestreiften Mütze auf dem Kopf und einer Elster, welche munter um ihn herumflog. Einmal führte ihn sein Weg, unterhalb der Bergflanken ganz am Rande des Tales entlang, bis weit an der Stadt vorbei. Der Fluss im Haupttal war hier oben noch ein schmaler Bach und leicht zu überqueren. Dennoch änderte sich die Landschaft auf der anderen Seite des Gewässers schlagartig. Hier war bereits nicht mehr viel übriggeblieben von den bunten, üppigen Wiesen und ausgedehnten, kühlen Wäldern Fentovias, von denen ihm Rangubald im vergangenen Winter während dem Holzschlagen im Wald erzählt hatte. War die Elster auf der bisherigen Wanderung fröhlich um den Jungen herumgeflattert, kauerte sie nun auf seiner Schulter und versuchte sich halb unter seiner Mütze zu verstecken. Wirklich wüst und trostlos sah es jetzt auf dieser Seite des Tales aus. Angesichts der zahlreichen Abraumhalden voll Schutt, die Teutebrand unterhalb der spärlichen Reste des Waldes vorfand, konnte man genauso wenig noch von saftigen Weiden und blühenden Blumenwiesen reden. Der ganze Hang versank allmählich unter einer dicken, teils grauen, dann braunen und schwarzen Schicht aus gebrochenem tauben Stein, erstarrter Eisenschmelze, grober, spröder Schlacke und dichter, dunkler Asche von verbrannter Kohle. Die einem Albtraum gleichende Landschaft war den Windöfen für die Eisenherstellung geschuldet, ebenso den Köhlern mit ihren brennenden Meilern, in welchen sie die Holzkohle gewannen. Doch auch vieles, das nicht so offensichtlich war, war heute in Fentovia anders, als es vor der Ankunft des Landvogtes gewesen war. Normalerweise wurde in der Stadt nämlich nur soviel Eisen geschmolzen, wie Erz in seinen Minen gefördert wurde. Bisher hatte dies ausgereicht, damit die Menschen der Stadt ihr Auskommen hatten. Mit fröhlichen Liedern und geschulterter Hacke waren die Bergleute früher morgens in die Minen oben im Tal gezogen, davon war nun nicht mehr viel zu hören oder zu sehen. Alles hatte sich geändert, seit die Truppen des Königs die Arbeit an den Windöfen und den Kohlemeilern übernommen hatten. Ebenso standen unten im Lager jetzt die Soldaten des Königs an den Essen ihrer eigenen Schmieden. Nur auf diese Weise war die Herstellung von Eisen und Waffen in diesem Umfang möglich. Das Erz und die Kohle wurden gleichfalls zum größten Teil mit Ochsenkarren von weit her in die Stadt gebracht. Doch Fentovias Wälder mussten das Holz liefern, das für die Verhüttung des Erzes benötigt wurde. Schon das ganze Frühjahr über waren die Bäume am Hang gefällt worden. Im Herbst, spätestens aber im nächsten Jahr, würde es im ganzen Tal keinen Wald mehr geben, kein einziger Baum würde mehr stehen, wenn es damit so weiterginge. Genauso wie auf dieser Seite des Baches nun aussah, welche schon beinahe vollständig gerodet war, würde es auch auf der anderen Seite jenseits des Gewässers aussehen. Am Hang waren zahlreiche Männer bei der Arbeit zu beobachten. Sie waren damit beschäftigt manche Dinge herbei und andere fortzutragen. Einige bedienten ebenfalls die zahlreichen Öfen, welche über die ganze Fläche verteilt lagen. Teutebrand hatte eine Zeit lang dem geschäftigen Treiben zugeschaut, als auf ein Mal ein Mann auf seinem Pferd herauf vom Fluss geritten kam. Der Reiter wurde von vier bewaffneten Soldaten begleitet, die zu Fuß neben ihm herliefen. Die Männer konnten jedoch kaum mit dem trabenden Ross Schritt halten. Es war der Landvogt, der wie jeden Nachmittag die Produktion inspizierte. Sein Interesse galt dabei offensichtlich vor allem einem bestimmten Ort. Dort, wohin der Landvogt mit seiner Leibwache im Gefolge geradewegs ritt, zog sich ein Windofen mehrere Manneslängen weit den Hang hinauf. Im Gegensatz zu einem gewöhnlichen Schmelzofen, in welchem das angelieferte Erz vermischt mit Kohle glühte, besaß dieser besondere Ofen drei Feuerstellen, welche übereinander angeordnet waren. Befüllt wurde diese Produktionsstätte mit dem geschmolzenen, abgekühlten Eisen, das zuvor in einem der übrigen Öfen gewonnen worden war. Dafür zertrümmerten Männer mit großen Hämmern zuerst das spröde Roheisen in kleine Stücke, bevor sie es in die oberste der drei Essen füllten und es hier darauf das erste Mal eingeschmolzen wurde. Sodann wurde diese Esse an ihrer Unterseite geöffnet und eine zähflüssige, rötlich leuchtende Masse lief in einer Rinne ein Stück den Hang hinunter. In den von glühender Holzkohle genährten Feuern der beiden folgenden Erdpfannen wurde die Eisenschmelze darauf ein zweites und ein drittes Mal zum Glühen gebracht. Neben jeder der Feuerstellen standen dazu Männer, die große Blasebälge bedienten, welche aus Holz und Leder gebaut waren. Damit bliesen sie Luft in die gefüllten, entzündeten Öfen. Bei jedem der Luftstöße leuchtete das orange und gelb gefärbte Feuer der Essen bläulich auf, während der Ofen selbst, wie ein wildes Tier zu fauchen und zu kreischen begann. Nach der dritten Pfanne wurde das flüssige Eisen schließlich in verschiedene Holzkästen gegossen, welche mit feinem roten Sand gefüllt waren. Nachdem das Metall in den Kästen abgekühlt war, wurden diese umgedreht und entleert. Neben dem rötlichen Sand fielen dabei kleine, glänzende Gegenstände aus den Holzkisten heraus. Hierbei handelte es sich offensichtlich um Speer- und Pfeilspitzen, welche direkt am Hang gegossen wurden. Im selben Moment, in dem die Gussstück aus der Form auf den Boden fielen, entwischte Teutebrand die Elster. Das hell in der Sonne schimmernde, erkaltende Eisen schien es seinem gefiederten Freund angetan zu haben. Der Vogel flog schnurstracks zu dem Ofen mit den entleerten Holzkisten und nahm dort etwas mit dem Schnabel vom Boden auf. Ohne von jemanden beachtet zu werden, entkam die Elster mit ihrer Beute. Den gesamten restlichen Tag sollte der Junge seinen kleinen Begleiter nicht mehr zu Gesicht bekommen. Der Landvogt setzte nach einiger Zeit ebenfalls seine Inspektion an den anderen Öfen fort. Während er den Hang entlang ritt, konnte ihm nichts schnell genug gehen. Immer wieder trieb er die Arbeiter an oder zeigte sich äußerst unzufrieden über ihr Tun. Seine Soldaten bewachten ihn die ganze Zeit über und schauten darauf, dass ihm niemand zu nahe kommen konnte. Genauso unvermittelt wie er erschienen war, beendete der Landvogt seinen Rundgang bei den Schmelzöfen und entschwand darauf in Richtung der Stadt. Den ganzen Nachmittag verbrachte Teutebrand noch bei den Eisenöfen und ein Stück weiter unten auf den schwarz gefärbten Wiesen bei den Holzkohlemeilern. Das wilde Gewusel und hektische Durcheinander der Lastenträger, der Arbeiter an den Öfen und der Köhler hatte es ihm sichtlich angetan. Erst als es bereits dunkel wurde, beschloss er den Hang zu verlassen und über die Brücke am Fluss in die Stadt zu gehen. Gleich als er zum Stadttor kommt, wird er von einem Mann angesprochen, ob er ihm helfen kann, einen Karren zu sich nach Hause zu schieben. Gern willigte der Junge ein, war er doch froh, sich auch einmal mit jemanden unterhalten zu können. Der Mann erzählt ihm, dass er eigentlich Lumpensammler sei. Seit jedoch vom Landvogt das Heerlager vor den Toren Fentovias errichtet wurde, hat er als Karrenhändler eine neue Möglichkeit gefunden, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Für ihn sei dies eine große Chance und er habe so sein persönliches Glück gemacht. Die Ochsenkarren mit denen das Erz, die Kohle und sonstiges Material für die Eisenherstellung und Verarbeitung geliefert wird, werden nämlich meist nicht mehr benötigt und deshalb in der Stadt verkauft. Die Ochsen jedoch, welche sie gezogen haben, werden im Lager geschlachtet und als Verpflegung von den Truppen verspeist. Teutebrands neuer Bekannter kauft nun die alten Karren des Heerlagers auf. In Fentovia waren früher schon Wagen und Fuhrwerke hergestellt worden und lange Zeit über war es für seine Karren berühmt gewesen. Inzwischen hat es jedoch die eigene Produktion weitestgehend eingestellt. Lediglich die Stellmacher der Stadt fabrizieren heute noch Räder samt den dazugehörigen Achsen. Zusammen mit der Erzproduktion war der Wald von Fentovia davor über jedes vernünftige Maß hinaus beansprucht worden. Die Karren selbst werden deshalb inzwischen in Feuchtau gebaut. Diese Stadt die reich an Holz war, hatte auf diese Weise einen lukrativen Erwerbszweig bekommen. Feuchtau konnte flussabwärts in annähernd zwei Tagesmärschen erreicht werden und lag nahe der ausgedehnten Wäldern an der Mündung des Flusses. Zuhause in seiner Werkstatt zerlegt Teutebrands neuer Freund die Karren, die er im Lager erstanden hat. Die Räder und Achsen werden von ihm gesammelt und aufgearbeitet. Weiter unter im Tal verkauft er diese Teile als fast neu an einen anderen befreundeten Händler. Schon hiermit macht der ehemalige Lumpensammler einen ordentlichen Profit. Am meisten verdient er aber an den Brettern. Diese veräußert er im Ort an Tischler, Schreiner und Zimmermänner. Aus den besten Stücken davon fertigen diese ihre Truhen und sonstige Möbel. Den Rest verwenden sie für den Bau von Türen und Fensterverschlägen. Die Zimmermänner benutzen die Bretter überwiegend als Böden in den Häusern. Ohne dass es Teutebrand während ihres Gespräches groß aufgefallen wäre, hatten die beiden inzwischen das Haus des ehemaligen Lumpensammlers erreicht. Sie stellten den Karren hinter dem Haus ab und der Junge konnte dabei einen Blick in die Werkstatt werfen. Räder, Achsen, Bretter sowie gleichfalls verschiedene Metallbeschläge wurden dort in jeder Ecke in zahlreichen, unordentlichen geschichteten Stapeln aufbewahrt. Zum Dank dafür, dass der Junge ihm geholfen hat, möchte ihn sein Begleiter in eine der Schankstuben einladen. Teutebrand waren bereits bei seinen früheren Besuchen die Wirtshäuser am zentralen Platz von Fentovia aufgefallen, auch Durst hatte er nach dem langen aufregenden Tag, so ist er gerne bereit mitzukommen. Am Marktplatz hört man schon von Weitem aus einer der Schankstuben Musik klingen, zielstrebig steuert sein Gastgeber auf diese Tür zu und sie treten ein. Drinnen sieht es aus wie in den meisten Häusern von Fentovia, lediglich eine Handvoll Tische mit Stühlen möblieren den Raum. Auf einem Tisch an der hinteren Wand ist ein Fass mit vielen Krügen daneben aufgestellt. Die ganze Stube ist mit Menschen gefüllt und an der Stirnseite steht ein junger, spindeldürrer Mann auf einem niedrigen Podest. Dieser Musiker spielt auf einem Instrument, welches der Waffe eines Bogenschützen ähnlich sieht. Doch im Gegensatz zu der lediglich einen Sehne eines Bogens ist der gebogene Holzstock des jungen Mannes mit mehreren Saiten gespannt. Mit der einen Hand hält der Künstler das Instrument fest, während er mit seiner zweiten Hand an den Schnüren zupft oder rasch auf sie einschlägt. Darüber hinaus versucht der Musiker noch nebenher zu singen. Zwei große Krüge lässt der Karrenhändler am Tresen für sie füllen. Darauf suchen sie sich zwei frei Stühle an einem der Tische und nehmen dort Platz. Beim ersten Schluck bemerkt der Junge, dass er das selbe Getränk bereits bei Friedenreich getrunken hat, damals als er mit seinem Vater in der Wassermühle angekommen war. Das Getränk schmeckt allerdings nicht so sehr nach Honig, wie jenes in der kleinen Hütte neben der Mühle es getan hat. Plötzlich stellt Teutebrand überrascht fest, dass die Tischnachbarn die Magd und der Tagelöhner sind, welche bei ihm am Markttag Wolle und Geweihe gekauft haben. Auch die beiden erkennen den Jungen vom Marktstand und schnell kommen sie deshalb in ein Gespräch. Das Paar kennt sich schon lange und ist gerade kräftig am Zechen. Heute sind wegen der Musik hierher gekommen, aber auch ansonsten sind sie öfters in der Schankstube zu Gast. Außerdem erzählen die zwei dem Jungen, dass sie heiraten wollen, sobald eben das Geld für eine ordentliche Hochzeit reicht. 'Er sei müde und es wäre schon reichlich spät,' meint der ehemalige Lumpensammler nach einiger Zeit. 'Der Junge dürfe gerne noch bleiben, er habe bereits bezahlt und werde jetzt demnächst nach Hause gehen.' Zwar hat Teutebrand seinen Krug kaum leer getrunken, doch erinnert er sich an den langen Heimweg. Gemeinsam beschließen sie deshalb die Schankstube zu verlassen und sie verabschieden sich von ihren Tischnachbarn. Draußen bemerken sie bald, dass die Stadttore geschlossen sind, da es seit Langem dunkel ist. Der neue Freund des Jungen weiß aber Rat und führt den Müllergesellen hierauf zu der Tür, welche hinaus zu den Gerbgruben auf dem Schlachtplatz führt. Dieses Tor wird normalerweise nicht bewacht und ist die Nacht über nur mit einem vorgeschobenen Balken gesichert. Der Karrenhändler öffnet die Tür für den Junge, und dieser gelangt trotz der bereits angebrochenen Nacht doch noch aus der Stadt heraus. Auf seinem Weg entlang der Palisade mag Teutebrand ein Lied nicht aus dem Kopf gehen, welches der Musiker zuvor in der Kneipe gespielt hatte. Es war ein Song mit einer sehr einfachen Melodie. Der Text handelte von einem Drachen der das Fliegen lernen möchte, so weit er dies in der lauten Schankstube überhaupt hatte verstehen können. Mit der frischen Nachtluft schwindet sogleich die Müdigkeit des Jungen. Er hat beinahe den Weg zum Stadttor erreicht, da bemerkt er, dass im Heerlager scheinbar noch gefeiert wird. Ohne es sich lange zu überlegen, läuft Teutebrand sodann zu den Feuern die dort brennen. Gleich neben den Zelten der Soldaten haben Marketenderinnen ihr Lager errichtet. Hier bei den Feuern wird Musik gespielt, Frauen tanzen dazu und die ganze späte Gesellschaft scheint sich zu vergnügen. Ein wenig abseits setzt sich der Junge an eines der Lagerfeuer. Neben Teutebrand sitzen ansonsten nur ein paar ältere Frauen in langen bunten Kleidern und offenen zerzausten Haaren in der Runde. Eine von ihnen drückt ihm prompt einen gefüllten Becher in die Hand. Darin befindet sich das bittere Getränk, welches er schon kennt. Ebenso erhält der Junge von ihr ein Stück vom gebratenen Fleisch des Ochsen, der an einem langen Spieß über einem der Feuer gegrillt wird. Während der Junge an seinem Platz verharrt und mit trinken und essen beschäftigt ist, kann er die Soldaten beobachten. Manch einer von den Männern des Königs prosten den jungen Frauen zu, welche vor ihnen an den Feuern miteinander tanzen oder wild gestikulierend untereinander streiten. Gerne setzt es einen Klaps auf den Po der Frauen mit den vollen Krügen, wenn sie diese zu den Soldaten an die Feuer bringen. Einige der Marketenderinnen setzen sich darauf auf den Schoß der Männer und herzen sie dabei heftig. Nach kurzer Zeit holen die Soldaten dann oft ein paar Münzen aus ihren Beuteln, um darauf für eine Weile mit den Frauen in einem der Zelte zu verschwinden. Unvermittelt erschrickt Teutebrand ein wenig, hat er doch an einem der Feuer den in einem fort schimpfenden, herrischen Landvogt vom Nachmittag entdeckt. Der Anführer der Truppen des Königs scheint bereits ziemlich angetrunken zu sein, mit seinen derben Scherzen treibt er es gleichfalls sichtlich am schlimmsten von allen. In einer Hand hält er den Krug, den er stets auf ein Schluck leertrinkt, um ihn sogleich wieder auffüllen zu lassen. Den anderen Arm hat er abwechselnd um eine der drei Frauen gelegt, welche am selben Feuer sitzen. Auf diese Art versucht er immer wieder den Marketenderinnen Bluse oder Rock auszuziehen und begrabscht sie auch ansonsten äußerst grob. All zu viel scheint dies den Frauen jedoch nicht auszumachen, fröhlich scherzend erwecken sie den Eindruck, sich nur zum Schein zu zieren und stacheln den Landvogt dadurch noch regelrecht zu seinem Tun heraus. In dem Moment, in welchem er der jüngsten der Frauen das Kleid vom Leib reißen möchte, wird es dieser allerdings anscheinend zu viel. Das Mädchen steht auf und versucht vor dem betrunkenen Mann fortzulaufen. Beim Versuch ihr hinterherzulaufen, stolpert der Landvogt und stürzt unkontrolliert ins Feuer. Darauf fangen die beiden am Feuer verbliebenen Frauen an wüst zu kichern und zu lachen. Wie von Sinnen reagiert der Landvogt hierauf mit lautem, wütendem Schreien. Schließlich helfen ihm zwei seiner Soldaten auf und bringen ihn zurück in sein Zelt. Jäh wird Teutebrand durch den Vorfall aus seiner Trägheit und Gedankenlosigkeit gerissen. Das warme Essen, vor allem aber das berauschende Getränk, habe ihn in eine Gleichgültigkeit verfallen lassen, so dass er gar nicht mehr daran gedacht hat, wie spät es schon geworden ist. Eine gewisse Müdigkeit lässt sich genauso wenig verleugnen, unverzüglich macht er sich deshalb auf den Heimweg zur Wassermühle. Bei den Höfen an denen ihn sein Weg entlang führt, kläffen ein paar Hunde, an der Mühle selbst ist jedoch alles ruhig, niemand scheint dort mehr wach zu sein. Um keinen aufzuwecken, schleicht sich der Junge leise in seine Kammer und gleich darauf schläft er ein. Die Kleider der beiden Schwestern wollten scheinbar nicht fertig werden. Dafür hatte Kunrada, während sie die Töchter im Schneidern unterwies, eine kleine Figur aus Ton gebastelt und bemalt. Eines Morgens hatte sie diese in ihrem Gemüsegarten vor dem Haus aufgestellt. Die Tonfigur sieht einen kleinen Menschen sehr ähnlich, allerdings ist dieser offenbar mehr breit als hoch. Das tönerne Männchen besitzt einen langen Bart, trägt auf dem Kopf eine knall-rote Zipfelmütze und hat einen hellen Pulli voller Sonnenblumen an. Außerdem trägt es eine blaue Hose und steckt in einem paar Stiefel mit langen Spitzen vorne dran. In der Hand hält der kleine Zwerg überdies einen Spaten. Teutebrand ist jedes Mal ein wenig irritiert, wenn er die Figur im Vorbeigehen sieht. Nach seinem Ausflug nach Fentovia hat der Junge immerhin die Elster am Mühlteich wiedergefunden. Gleich am nächsten Nachmittag nach dem Abend in der Stadt, hat er ein paar Haselnüsse in seinen Beutel gesteckt, als er zum Teich hochging. Die Nüsse hatte er auf einem seiner Spaziergänge im Wald gefunden, scheinbar waren sie noch vom letzten Jahr übrig geblieben. In seiner Kammer hatte er sie geschält und festgestellt, dass man sie noch essen konnte, als er eine der Nüsse versuchte. Seine Sorgen um die Elster waren unnötig, denn kaum hat der Junge das Gewässer erreicht, kommt sein gefiederter Freund schon angeflogen. Der Müllerlehrling füttert der Vogel darauf mit den Nusskernen. Richtig gierig ist sein gefiederter Freund nach den Nüssen und frisst alle auf, die der Junge dabei hat. Doch dann fliegt Vogel plötzlich davon und verschwindet im Gebüsch am Teichufer. Gleich danach taucht der gefiederte Freund des Jungen jedoch wieder auf und trägt dabei etwas in seinem Schnabel. Es ist das Metallteil, welches er an den Öfen stibitzt hat. Die Elster bringt das kleine Stück Eisen zu Teutebrand und legt es ihm in die Hand. Der Junge ist zuerst ziemlich verwundert über das Verhalten des Vogels, er untersucht daraufhin die Pfeilspitze gründlich, bevor er sie in seinen Beutel zu den Kupferstücken steckt. Wie er nun am Teich mit der Elster auf seiner Schulter sitzt, muss Teutebrand auf einmal an das Zaubern und Ferun denken. Mit den Wellen auf dem Teich zu spielen, es wollte ihm einfach nicht gelingen. Sicherlich hatte ihm Radewald sein Magielehrer noch nicht alles über das Zaubern verraten. Dass der Junge die beiden Schwestern kaum noch zu Gesicht bekam, sollte sich mit dem Tag ändern, an dem der Runenmeister von Feuchtau an der Wassermühle eintraf. Bereits bei der überschwänglich Begrüßung des Gastes durch den Müller, erfährt Teutebrand von der bevorstehenden Reise nach Ephalu und dem geplanten Treffen einiger der Anführer des Alten Volkes in Murrtal. Im ersten Moment geht der Lehrling natürlich davon aus, seinen Lehrherren begleiten zu dürfen, wenn dieser zuhause Brungard und Rangubald besucht wird. 'Er müsse hier bleiben, um mit Ferun und Ortrun nach dem Mühle zu schauen', erklärt ihm darauf jedoch Friedenreich. Die Enttäuschung des Jungen ist dennoch nicht allzu groß, im Allgemein hält sich sein Heimweh in Grenzen und inzwischen fühlte er sich recht wohl bei der Wassermühle. Gemeinsam mit dem Runenmeister aus Feuchtau bricht der Müller bereist am nächsten Morgen nach Murrtal auf. Teutebrand muss nun die meiste Zeit unten am Mühlrad auf Kundschaft warten. Dann würde er die beiden Schwestern holen, damit sie alle zusammen die Mühle bedienen konnten. Nun es ist bei Weitem nicht soviel Geschäft, wie es der Lehrling erwartet hat. Nur selten kommt jemand vorbei, um in der Mühle sein Korn mahlen zu lassen. Ist dies allerdings doch einmal der Fall, arbeitet der Junge mit Ortrun am Mühlrad. Ordentlich lässt ihn die große Schwester ein jedes Mal die Getreide Säcke schleppen. Zwar spürt der Müllergeselle, wie wichtig es dem Mädchen ist, die Arbeit vernünftig zu verrichten. Ebenso kann er das Gefühl nicht ganz loswerden, dass es ihr gleichzeitig Spaß machen würde, ihn auf diese Weise ein wenig striezen zu können. Der Junge kennt die große Schwester inzwischen gut genug und kann ihr deshalb dieses Verhalten kaum böse nehmen. Trotzdem findet Teutebrand genügend Zeit, um Ferun manchmal am Teich beobachten zu können. Beinahe wie erwartet, steht das jüngere der Mädchen öfters nahezu reglos am Ufer. Mit ausgestreckten Armen und den Blick zum Wasser gewandt, ist sie dann wieder am Zaubern. Nur mit der Hilfe ihrer magischen Kräften lässt sie die Wellen ganz nach ihrem Willen über die ansonsten glatte Wasseroberfläche laufen. Zwischenzeitlich hat das Geheimtreffen der Führer des Alten Volkes in Murrtal begonnen. Die Länder Ubil, Sagumbra, Usipata, Kerusci und Tenctera haben je zwei Gesandte in das Land Ephalu geschickt. Rangubald und Brungard waren als Vertreter der Ephalumannen bestimmt worden und würden als Gastgeber ihr Land vertreten. Die übrigen Stämme, welche nicht so fest mit dem Alten Volk verbunden sind, nehmen an dem Treffen nicht teil. Selbst bei der Winter-Zeremonie sind diese Länder eigentlich nur Beobachter. An der Loyalität der weiter abseits sesshaften Völker bestanden hingegen keinerlei Zweifel. Wenn nötig würden diese benachbarten Stämme, von den Abgeordneten aus Usipata, Kerusci und Tenctera, über die getroffenen Beschlüsse informiert werden. Dies war allen Anwesenden klar, da es schon immer auf diese Art gehalten worden war. Zusammen mit den Völkern der Ebenen war das Alte Volk eine mächtige nicht zu unterschätzende Gemeinschaft. Manch einer ihrer Feinde hat dies in der Vergangenheit feststellen müssen. Murrtal hatte sich für das geheime Treffen angeboten, denn obwohl es lediglich ein kleines Dorf ist, kennt es dank der historischen Figuren von Knadaroek und Ulfiss fast jeder. Auf Grund der abgelegenen Lage der Siedlung ist die Gefahr relativ gering, dass Spione des Landvogtes oder des Königs in Segmunda von der Versammlung erfahren. Die Vertreter der ältesten Länder sind in der überlieferten, traditionellen Kleidung ihrer Stämme erschienen. Die Abgeordneten aus Ubil tragen einen weißen Umhang, ähnlich einer Toga, die Stammesmitglieder aus Sagumbra ein Gewand, welches sehr einem schwarzen Sack gleicht. Am exotischsten ist jedoch die Kleidung der Vertreter aus Usipata. Ihre Köpfe bedeckt eine Bärentatze, der Rücken ist in ein Bärenfell gehüllt, darunter kleidet sie ein langes Hemd aus grobem Leinen. Sicher war es gewollt, dass man die Männer aus Usipata in diesem seltsamen Aufzug von hinten, genauso wie aus der Ferne von vorne, für wilde Tiere halten konnte. Die übrigen Länder verfügten über keine solche Tradition, waren diese doch durchweg nach der Zeit des Heer des Schreckens gegründet worden. Die traditionelle Kleidung der drei Stämme aus Ubil, Segmunda und Uipata stammten hingegen aus dieser Epoche, den damaligen Tagen des Krieges. Die Abordnung aus Kerusci wurde von zwei Frauen gebildet. Diese weitere Besonderheit erstaunt allerdings wenig, wenn man weiß, dass ihre Stämme stets von Frauen geleitet werden. Radewald der Zeremonienmeister schildert der Versammlung zuerst die aktuelle Lage des Konfliktes. Erste Dörfer haben in Sagumbra gebrannt, als der Königssohn der Treber mit seinen Truppen über Nacht den großen Strom überquert hat. Wenig später ist das Heer aus Segmunda, angeführt vom Sohn des dortigen Königs, zur Stelle gewesen. Bevor es hierauf zu einer größeren Schlacht kommen konnte, haben sich die Treber wieder zurückgezogen. Gewiss das Land der Treber hatte zuzeiten der großen Prüfung mit dem Feind paktiert, allerdings war dies nun Jahrhunderte her. Das Heer des Schreckens war in der heutigen Zeit nicht mehr, als lediglich noch ein Mythos aus den alten Geschichten. Sogar Brücken waren inzwischen über den großen Strom hinweg gebaut worden, und seit damals haben Ubil, Sagumbra und Usipata immer gute Geschäfte mit den westlichen Völkern getätigt. Über die letzten Jahrhunderte war hierdurch ein freundschaftliches Nebeneinander zwischen den Stämmen der Treber und denen des Alten Volkes entstanden, verbunden mit einem regen Austausch an Waren und Gedanken zwischen den Menschen. Sagumbra und Usipata melden sich hierauf zu Wort. Die Gesandten dieser Länder fordern mit dem König in Segmunda zu brechen, das eigene Schicksal selbst in die Hände zu nehmen. 'Das alte Bündnis aufzukündigen, noch sei es nicht so weit', ruft Radewald die Hitzköpfe zu Geduld und Mäßigung auf. Sicherlich es gab eigentlich keinen Grund für den Krieg, dies sieht die gesamte Versammlung so und muss dem Zeremonienmeister hierin zustimmen. Es war nur die Eitelkeit der Könige, vor allem die Kampfeslust der beiden ehrgeizigen Königssöhne, welche diesen Konflikt herauf beschworen haben. Das gesamte Alte Volk würde in absehbarer Zukunft in die Schrecken eines drohenden Krieges hineingezogen, wenn diese sinnlose Kriegshetzerei der Königssöhne weiterhin anhalten würde. Die blühenden Städte, die fruchtbaren Landschaft würden hierdurch sehr bald in Schutt und Asche versinken. Alle Anwesenden sind sich deshalb darüber einig, dass auf alle Fälle etwas unternommen werden muss. So einfach wollte sich das Alte Volk schließlich nicht zur Schlachtbank führen lassen. Leicht konnten sich die Anführer darauf einigen, dass die bevorstehende Sonnen-Feier in diesem Jahr ausfallen würde. Im Moment hätte sowieso niemand auch nur einen einzigen Gedanken für das große Fest übrig. Des Weiteren Ein Kriegsrat sollte gebildet werden, lautet ein anderer Beschluss der Versammlung. Ihm würden lediglich die vom Konflikt direkt betroffenen Stämme aus Ubil, Sagumbra und Usipata angehören. Mit Nachdruck war von diesen Völkern und selbst von Friedenreich auf diese Einschränkung gedrungen worden. Der Rat wird die weitere Entwicklungen beobachten, ein mögliches gemeinsames Vorgehen gegebenenfalls koordinieren. Für die Jungen jedoch, die potentiellen zukünftigen Führer des Alten Volkes, soll es an der Ibensul ein Sommerlager geben. Gerade jetzt musste auch an die Zukunft gedacht werden. Schon manchen Konflikt hatte Gemeinschaft des Alten Volk überstanden und es würde sein Möglichstes tun, dass dem auch dieses Mal so wäre. Ohne ohne Zweifel würde der Zeremonienmeister im Sommercamp anwesend sein, sicherlich wäre dies aber nicht die ganze Zeit der Fall. Jeder wusste, was für einen unsteten Charakter Radewald in diesen Dingen besaß. Der Wald zog den alten Meister einfach magisch an, allzu lange verweilte er nie am selben Ort, unter den selben Menschen. Aus diesen Gründen war es nötig, die Leitung des Sommercamps jemanden anderem anzuvertrauen. Die beiden Frauen aus Kerusci erklärten sich hierzu gerne bereit, eine Entscheidung welche von allen Vertretern der Stämme freudig begrüßt wurde. Die Stammesführerinnen aus Kerusci waren beide Seherinnen und bewahrten in dieser Funktion das uralte Wissen der Völker. Überlieferungen die viele Generation über nur von Mund zu Ohr weitergegeben worden waren. Sie berichteten von Ereignissen, welche sich lange vor den Abenteuern und Legenden von Ulfiss oder Knadaroek ereignet hatten. Gar von Geschehnissen, die weit vor Entstehung der Länder von Ubil, Sagumbra und Usipata lagen. Erst die Stämme dieser Völker, wie gleichfalls jenes der Kerusci, haben damit begonnen, aus diesen bisher lediglich geflüsterten Geschichten Lieder zu machen. Keine der rituellen Feiern der Stämme verging, ohne dass einige dieser alten Lieder vorgetragen wurden. Vieles galt es jetzt für das Sommercamp vorzubereiten. Eine erste, grobe Auswahl der Jugendlichen, welche daran teilnehmen würden, war schnell getroffen, doch mussten diese erst informiert werden. Da die Abgeordneten des geheimen Treffens auf ihrer Heimreise sowieso viele Städte und Dörfer besuchen würden, konnte von ihnen in dieser Hinsicht einiges gleich erledigt werden. Doch die Zeit drängte und sehr schnell wurde es deshalb wieder ruhig in Murrtal. Am Abend zieht sich Rangubald in seine kleinen Hütte zurück, er wollte hier erneut die Runenstäbe befragen. Auf dem zu Ende gegangenen Treffen hatte er kurz Gelegenheit gehabt, mit dem Runenmeister aus Feuchtau über die rätselhaften Runen seiner beiden letzten Versuche zu reden. Dieser konnte ihm lediglich seine Vermutungen hierzu bestätigen, selbst wusste er keinen eigenen Rat dazu. Umso mehr ist Rangubald gespannt darauf, was ihm die mystischen Stäbe heute sagen würden. Mit Schwung und voller Anspannung wirft er die kleinen, verzierten Holzstöckchen vor sich in die Luft. Als er die Augen öffnet, sieht er auf den ersten Blick, dass die Runen zu ihm sprechen wollen. Deutlich erkennt er drei Zeichen, welche vor ihm auf dem Tisch liegen. Das erste Zeichen besteht aus zwei langen Stäbchen, welche ein wenig in der Höhe versetzt schräg nach rechts daliegen. Das untere Ende des oberen Stückes Holz verbindet ein kurzes Stäbchen mit dem oberen Ende des unteren Stückes Holz. Ohne jeden Zweifel stellt dies das Zeichen Sugla dar. Die Sonne wird hierdurch dargestellt. Das zweite Zeichen auf dem Tisch vor ihm bilden zwei lange Runenstäbe die rechtwinklig zueinanderstehen. Die Ästchen deckten dabei die linke und die obere Seite eines gedachten quadratischen Kästchens ab. Ein kurzer Stab läuft am unteren Ende des senkrechten Astes diagonal nach rechts. Bjarkan heißt diese Zeichen. Die Birke wird oft als die Geburt eines Kindes verstanden. Das letzte Zeichen ist ein senkrechter langer Stab mit einem rechts oben liegenden kurzen Stäbchen, welches leicht nach unten zeigt. Perluch wird dieses Symbol genannt. Der Fruchtbaum, oft verwendet für der schöne Tag oder allgemein alles Gute. Sugla Bjarkan Perluch Jeder Runenschüler wusste, was dies bedeutet. Die Sonne gebiert den Tag. Nicht müde wurden die Lehrer der Runenstäbe ihren Schülern dieses Beispiel als erste Runen überhaupt aufzusagen. Doch ihm dem alten, erfahrenen Meister dieser Kunst half dies, jetzt und hier, wirklich nicht weiter. Allmählich begann der Runenmeister an seiner Begabung, seinem Talent für sein Handwerk zu zweifeln. Als Rangubald die Hütte verlässt, um hinunter zum Haus zu gehen, hört er weit oben im Tal den Schrei eines Falken. Das wilde Gekreische kam von ungefähr dort, wo sich der große Tisch befand. Eigentlich konnte dies jedoch nicht sein, denn der Zeremonienmeister war bereits mit den anderen Gästen am Nachmittag abgereist. 'Wirklich seltsame Zeiten waren dies', dachte Rangubald, blieb kurz stehen und schüttelte mehrmals seinen Kopf. Darauf wandte er sich wieder dem Dorf zu und setzte seinen Weg fort. Sicherlich würde Brungard schon in der Stube auf ihn warten.